Die Musik zu «Dances With Wolves»: Simplizität in effektivster Form

Innert sieben Tagen, vom 19. bis 26. Juli 1990, nahm Komponist John Barry seine mehr als 100 Minuten lange Filmmusik für «Dances With Wolves» im Tonstudio in Los Angeles auf. Er verwob elf Leitmotive zu einem so berührenden, wehmütigen wie majestätischen Musikporträt für den im Niedergang begriffenen amerikanischen Wilden Westen – von fragilen, intimen Flöten-Soli bis hin zu epischen Orchester-Tutti. Eine Phase der Filmproduktion, der insbesondere auch Kevin Costner mit grosser Spannung entgegensah: „Die zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich der Filmmusik gehören für mich zu den schwierigsten überhaupt, denn hier verfüge ich selbst nicht über die nötigen Fähigkeiten und bin völlig von jemand anderem abhängig.“ In den Händen von John Barry war Costners Epos «Dances With Wolves» indes bestens aufgehoben, auch wenn zu Beginn der Zusammenarbeit die Vorstellungen hinsichtlich der Filmmusik auseinander gingen.

Kevin Costner – im Sattel und auf dem Regiestuhl

Mit «Dances with Wolves» gelang Kevin Costner 1990 ein Meisterwerk, das mit 7 Oscars ausgezeichnet wurde – inklusive „Bester Film“ und „Beste Filmmusik“. Im Jahr 2007 wurde der Film aufgrund seiner historischen, kulturellen und ästhetischen Signifikanz ins U.S. Library of Congress’ National Film Registry aufgenommen.

Trailer zu «Dances With Wolves» – in Concert, mit dem «John Dunbar Theme», komponiert von John Barry.

Das Drehbuch, das Mitte der 1980er-Jahre von Michael Blake verfasst wurde, interessierte damals indes niemanden. Der Westernfilm war angestaubt, schien aus der Zeit gefallen. Nur Kevin Costner, der 1983 mit Blake den Film «Stacy’s Knights» drehte, fand Gefallen am Drehbuch. Er empfahl Blake, das Drehbuch zu einem Roman auszuarbeiten und diesen zu veröffentlichen, wohl in der Hoffnung, dass ein Erfolg in Buchform der Geschichte bei den Filmstudios Aufwind verschaffen könnte. 1988 erschien der Roman, doch weiterhin glaubte kein Hollywood-Studio an den Erfolg dieses Western-Dramas. Costner und Blake liessen sich indes nicht beirren. Costner streckte aus eigener Tasche Geld vor und als er keinen Regisseur für den Film fand, nahm er kurzerhand selbst auf dem Regiestuhl Platz. Das Produktionsbudget stieg rasant von ursprünglichen 15 Millionen Dollar auf 22 Millionen Dollar an, doch die Investition zahlte sich aus, denn an den Kinokassen spielte der Film beachtliche 424 Millionen Dollar ein. Neben diesem kommerziellen Erfolg befreite «Dances With Wolves» das Western-Genre vom Präriestaub, mit seinem Regiedebüt positioniert Kevin Costner auch als Regisseur in Hollywood und der Film ermöglichte Komponist John Barry ein fulminantes Comeback nach zweijähriger krankheitsbedingter Pause.

John Barry – Schlichtheit als Herausforderung

Kevin Costner schwebte ein Epos in vielerlei Hinsicht vor, ein grosses Western-Drama vor majestätischer Kulisse, das den historischen Gegebenheiten Rechnung tragen und dem Kinopublikum mit wilden Reitszenen, donnernden Büffelherden und ungeschönter Action zugleich ein unvergessliches Spektakel bieten soll. Zudem war für ihn schnell klar, dass «Dances With Wolves» eine grosse sinfonische Filmmusik erhalten soll, würdig der dramatischen Landschaft, dem historischen Erbe, dem unwiederbringlichen Verlust. Kevin Costner: „Ich bin ein Symphonie-Fan. Ich mag die Wucht eines grossen Orchesters.“

John Barry las das Drehbuch, fand an der Geschichte sofort Gefallen, sah den musikalischen Ansatz indes anders: „Nachdem ich den Film zunächst in der Tradition des Great American Western wahrgenommen hatte, überzeugte ich Kevin davon, die Musik anders anzugehen: aus der Sicht der Hauptfigur John Dunbar. Dunbar ist ein einfacher, anständiger Mann. Es ist eine schöne Geschichte über seine Begegnung mit dem Sioux-Stamm, und dieser wohnt eine Art Reinheit inne. Das Drehbuch erzählt die Geschichte ja auch aus Dunbars Perspektive. Ich versuchte, mich in John Dunbars Lage zu versetzen, sodass ich, wenn ich sah, was er sah, versuchte, musikalisch so zu reagieren, dass es sein Handeln widerspiegeln könnte. Wenn man sich auf diese Weise der Hauptfigur nähert, erhält man meist mehr Emotionen.“

Unser Konzert-Tipp

«Dances With Wolves» – in Concert
City Light Symphony Orchestra

Freitag, 7. März 2025 | 19:30 Uhr – Zusatzkonzert
Samstag, 8. März 2025 | 19:30 Uhr
Sonntag, 9. März 2025 | 17:30 Uhr
KKL Luzern · Konzertsaal


Ende Januar 1990 flog John Barry nach Kalifornien, wo ihm Kevin Costner ein paar erste Szenen des Films gezeigt hatte. Die Dreharbeiten waren indes immer noch in vollem Gange. Barry: „Danach flog ich zurück nach New York und komponierte Leitmotive und Themen, von denen ich mit Klavier, Flöte und Perkussion eine Demo-Aufnahme machte.“ Mit diesen rund 20 Minuten Musik im Gepäck ging er zurück nach Kalifornien. Costner gefielen alle Musikansätze bis auf das Thema für den Wolf „Two Socks“. Barry erinnert sich: „Mein erstes Wolf-Thema war wohl heller, verspielter. Kevin wollte etwas mehr Zögerlichkeit im Thema drin haben. Etwas mehr Respekt, mehr Scheu. Der zweite Ansatz, der nun im Film zu hören ist, funktioniert auch meiner Meinung nach besser.“

John Barry sah den Kern der Filmmusik indes nicht im Porträt des Wolfes: „Es geht um die Reise von John Dunbar. Es geht um seine Beobachtungen, wie er den Stamm der Sioux-Indianer findet. Die Musik spiegelt John Dunbars Wahrnehmung der Würde und Anmut dieser Menschen wider. Wie er im Film sagt: ‘Nichts, was mir über diese Menschen erzählt wurde, ist richtig.’ Hierin sehe ich den Kern meiner Filmmusik. Es gibt einige wunderbare intime Momente, in denen ich nicht das gesamte Orchester einsetze. Dort verwende ich nur Streicher, Holzbläser und Harfe. Obwohl es eine grosse und sehr lange Filmmusik ist, musste sie auf seltsame Weise einfach, schlicht sein. Das Schwierigste war, diese Einfachheit, Reinheit und Schlichtheit in der Musik über weiteste Strecken beizubehalten.“

Die Synopsis von «Dances With Wolves»

Die Erzählung beginnt im Jahr 1863 in einem Lazarett nahe einem Schlachtfeld in Tennessee. Es wütet der Sezessionskrieg, zu dessen unzähligen Verletzten auch der Nordstaaten-Lieutenant John Dunbar (Kevin Costner) zählt. Ihm soll das Bein amputiert werden, doch er stiehlt sich aus dem Lazarett und beabsichtigt stattdessen, auf dem Schlachtfeld den sicheren Tod zu finden.

Doch durch eine Schicksalsfügung verhilft Dunbar den Unionisten zum Sieg und wird als Held gefeiert. Unter diesen Umständen erhält er prioritäre medizinische Behandlung, wodurch sein Bein gerettet werden kann. Zudem darf er sich seinen nächsten Einsatzort aussuchen. Er bittet um eine Versetzung ins Fort Hays. Dort zieht er sich indes den Unmut des Kommandanten zu und wird dem am weitesten westlich gelegenen Aussenposten des Territoriums, Fort Sedgewick, zugewiesen.

Dort angekommen, renoviert er das heruntergekommene Fort und nimmt mit der Zeit Kontakt zu den örtlichen Sioux-Indianern auf. Er schafft es, ihr Vertrauen und ihren Respekt zu gewinnen, er lernt ihre Kultur kennen. Er übernimmt schrittweise deren Lebensweise und wird zum Ehrenmitglied des Stammes ernannt. Dieses neue Leben wird jedoch bald durch das Vordringen der amerikanischen Streitkräfte bedroht, die sich nach Westen bewegen, um das Land für weisse Siedler zu erschliessen. Dunbar wird gefangen genommen, als Deserteur vor Gericht gestellt und zurücktransportiert, um seine Strafe zu verbüssen – doch die Sioux kommen ihm zu Hilfe, befreien ihn und bitten ihn als Mitglied des Stammes, sich ihnen wieder anzuschliessen. Dunbar weiss jedoch, dass die Armee nie aufhören wird, nach ihm zu suchen, und lehnt ab, da er den Stamm nicht gefährden möchte. Der Film schliesst mit folgendem Epilog:

Thirteen years later – their homes destroyed, their buffalo gone –
the last band of free Sioux submitted to white authority at Fort Robinson, Nebraska.
The great horse culture of the plains was gone,
and the American frontier was soon to pass into history.

Performance in cooperation with Territory Pictures, Inc. and K5 International. All Rights Reserved.

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