Charlie Chaplin – eine Ikone des Stummfilms

Er trägt übergrosse Hosen und Schuhe, eine enge Jacke und auf dem Kopf eine Melone. Er hält einen Bambusstock in der Hand und hat einen Zweifingerschurrbart. Mit seinem watschelnden Gang und seinem Slapstick spielte er sich als die Figur des Vagabunden (The Tramp) weltweit in die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Rede ist von Charles Spencer Chaplin Jr. – oder auch besser bekannt als Charlie Chaplin.
Chaplin wurde am 16. April 1889 in London geboren. Seine Berühmtheit erlangte er als Schauspieler in der Stummfilmzeit, wobei seine Arbeiten im Komödiengenre neue Massstäbe setzten und mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht wurden – darunter einen Oscar für «Limelight» (1952; den Oscar erhielt er im Jahr 1973, weil «Limelight» erst 1972 in Los Angeles veröffentlicht wurde).

Die frühen Jahre
Charlie Chaplins Kindheit war geprägt von Armut und schwierigen Umständen im Elternhaus. Seine Eltern trennten sich kurz nach seiner Geburt, worauf hin er auch immer wieder Zeit bei seiner Grossmutter verbrachte, welche zur Hälfte Roma war. Sein Vater verstarb an den Folgen von Alkoholmissbrauch im Jahr 1901. Im selben Jahr erhielt Chaplin seine erste Titelrolle in einem Filmprojekt. Zuvor spielte er erfolgreich den Gassenjungen auf der Theaterbühne und machte so auf sich aufmerksam. Mit seinem ersten Filmengagement stieg seine Berühmtheit weiter an, doch trübten wachsende psychische Probleme seiner Mutter den Erfolg. So war es ihr nicht mehr möglich, sich jederzeit um Charlie und seinen Halbbruder Sydney zu kümmern, weshalb die Zwei wiederholt Tage in einem Arbeitshaus verbrachten.

Die «Mutual»-Jahre
Mit seinen kleinen Filmrollen ab 1901 kam seine internationale Film- und Theaterkarriere weiter in Schwung und während seiner zweiten Amerika-Tournee (zusammen mit Stan Laurel) wurde er von der Keystone-Filmgesellschaft entdeckt. Ab 1914 übernahm er Aufträge grosser Studios, darunter auch seine Arbeiten für die Mutual Company. Bekannt wurde er u.a. mit dem Film «The Tramp» (1916), mit dem er sich als Landstreicher mit den Manieren eines Gentlemans der Welt vorstellte. Im selben und im darauffolgenden Jahr entstanden zudem die zwölf legendären (Kurz-)Filme für die Mutual Film Corporation (daher auch als «Mutual»-Komödien bekannt). Während diesen produktiven und innovativen zwei Jahren kreierte Chaplin mit seinen selbst produzierten und unter Eigenregie entstandenen Komödien eine neue Kunstform für dieses Genre.
Doch auch an Chaplin zog der Erste Weltkrieg nicht spurlos vorbei und so begann eine politische Kampagne gegen den gebürtigen Briten, weil er sich nicht freiwillig als Soldat gemeldet hatte. Dies veranlasste ihn, von der Mutual Company zu First National zu wechseln, wo er als erster einen Vertrag mit siebenstelliger Entlöhnung aushandeln konnte. Im Rahmen dieses Vertrags erhielt er auch weitreichendere künstlerische Freiheiten und so fungierte er schon bald nicht mehr nur als Schauspieler, sondern auch Regisseur, Produzent, Komponist und Musiker.

Der Höhepunkt seiner Karriere
1919 gründete Chaplin zusammen mit Mary Pickford, Douglas Fairbanks sen. und D. W. Griffith die Filmstudios United Artists. So entging er dem zunehmenden Machtstreben von Filmverleihern und Geldgebern. Zudem wurde er als Filmemacher weitgehend unabhängig. Er blieb bei United Artists bis in die frühen 1950er-Jahre.
Mit seinem Schaffen für United Artists steuerte Charlie Chaplin seine Karriere auf ihren Höhepunkt zu. 1931 wagte er es – trotz der um sich greifenden Tonfilm-Euphorie – mit «City Lights» nochmals einen Stummfilm zu drehen, wobei dieser Film nicht gänzlich stumm blieb, wurde doch auf separater Tonspur Chaplins erste selbst geschriebene Filmmusik zu einem seiner Langzeitspielfilme aufgenommen. 1936 erschien der Film «Modern Times», bei dem Chaplin für fast alles verantwortlich zeichnete – auch für die Filmmusik. Der Film geriet in den USA indes unter heftigen Beschuss, er wurde als systemfeindlich und antikapitalistisch verurteilt. Im Oktober 1940 war die Premiere von Chaplins erstem Tonfilm: «The Great Dictator».

«City Lights» mit dem City Light Symphony Orchestra unter der Leitung von Anthony Gabriele, KKL Luzern, 23.10.2022.

Statue von Charlie Chaplin in Vevey (Bild: Wikipedia).

Kein gern gesehener Bürger
Obwohl Charlie Chaplin seine grössten Erfolge in den USA errang, behielt er seine britische Staatsangehörigkeit. Er selbst sah sich als Weltbürger. Charlie Chaplin war liberal, kritisch und Pazifist und das passte nicht ins Idealbild der Regierung. Auch stiess man sich an seinem Lebenswandel. So pflegte er viele Liebschaften mit Frauen und war Vater mehrerer Kinder aus verschiedenen Beziehungen und Ehen. Im Oktober 1947 musste Chaplin wiederholt vor dem Komitee für unamerikanische Aktivitäten (House of Un-American Activities Committee, HUAC) aussagen, und FBI-Chef J. Edgar Hoover, ein erbitterter Gegner Chaplins, versuchte, diesem die Aufenthaltsgenehmigung zu entziehen.
Im September 1952, zu Beginn der McCarthy-Ära, verliess Chaplin die Vereinigten Staaten für einen Kurzbesuch in England. Anlass war die Weltpremiere seines dort spielenden Films «Limelight». Als Hoover hiervon erfuhr, verhinderte er mittels eines Verfahrens Chaplins Rückkehr in die Vereinigten Staaten. Dieser beschloss, in Europa zu bleiben, zog im Dezember 1952 in die Schweiz und liess sich im Anwesen Manoir de Ban oberhalb Corsier-sur-Vevey am Genfersee nieder.
Es entstanden noch Film wie «A King in New York» 1957 und zehn Jahre später der Streifen «A Countess from Hong Kong». Dies war der letzte Film Chaplins. Nach Vervollständigung dieses Filmes traten immer öfter körperliche Beschwerden auf und sein robuster Gesundheitszustand musste der Gebrechlichkeit weichen. Chaplin verstarb am 25. Dezember 1977 im Alter von 88 Jahren in Vevey, in der Schweiz.
Eine Skulptur Charlie Chaplins, geschaffen vom englischen Bildhauer John Doubleday, steht an der Seepromenade in Vevey, am Genfersee.

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